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evcc Anleitung für intelligentes PV Überschussladen mit vielen Wallboxen

Geschrieben amgeschrieben von Stefan, zuletzt aktualisiert am RSS Feed
evcc Anleitung für intelligentes PV Überschussladen mit vielen Wallboxen
Die Energiewende nimmt so langsam an Fahrt auf, beschleunigt wird diese aktuell durch kleine PV-Anlagen, so genannte Balkonkraftwerke. Einmal vom Prinzip überzeugt, bauen viele Balkonkraftwerkbesitzer später eine größere Anlage.

Zusätzlich werden immer mehr Elektroautos zugelassen, die sich natürlich hervorragend durch eine eigene Photovoltaik ergänzen lassen. Da die erzeugte Energie einer PV-Anlage sehr unregelmäßig ist und stark vom Wetter abhängt, wird meist ein großer Teil der erzeugten Energie in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Die Vergütung dafür ist mit 7-8 cent pro kWh (je nach Größe der PV-Anlage) aber sehr niedrig.

Aus diesem Grund macht es Sinn sein Elektroauto im Idealfall dann an der hauseigenen Wallbox zu laden, wenn genügend eigene Energie zur Verfügung steht. Dadurch benötigt man später keinen oder weniger teuren Strom aus dem Netz. Die idealen Zeitfenster zu finden, in denen die PV-Anlage ausreichend Überschuss generiert um ein Elektroauto zu laden, ist aber sehr schwierig und manuell nur eingeschränkt umzusetzen. Aus diesem Grund macht eine intelligente Ladelösung Sinn, die automatisch den wirtschaftlich idealen Zeitpunkt findet um das Elektroauto aufzuladen.

Solche Lösungen gibt es bereits von einigen großen Herstellern wie SMA oder KEBA, allerdings sind diese Lösungen sehr unflexibel und funktionieren meist ausnahmslos nur mit den eigenen Produkten der Hersteller. Wie wäre es also, wenn es eine freie und flexible Lösung gibt, die mit sehr vielen Wallboxen, Smartmetern oder PV-Wechselrichtern problemlos zusammenarbeitet ?

Diese Lösung gibt es tatsächlich. Sie nennt sich evcc (EV Charge Controller). Wir stellen euch evcc in diesem Artikel ausführlich vor und zeigen euch Schritt für Schritt wie ihr diese Lösung bei euch einsetzen könnt. Dafür sind einfache Computerkenntnisse erforderlich.



Kurzeinführung in das Laden von Elektroautos


Um die Komplexität des intelligenten Überschussladens besser zu verstehen, schauen wir uns einmal kurz an, wie Elektroautos überhaupt mit Wechselstrom geladen werden können:

  • Einphasig (6 - 16A), entspricht ca. 1,4 kW bis 3,7 kW

  • Dreiphasig (6 - 32 A), entspricht ca. 4,1 kW bis 22 kW


Die meisten aktuellen Elektroautos laden dreiphasig mit bis zu 11 kW, da dies auch die genehmigungspflichtige Schwelle für Wallboxen ist. 11 kW reichen außerdem aus um auch größere Akkus über Nacht wieder voll aufzuladen. Es gibt auch einige Exoten die einphasig mit mehr als 16 A laden können (z.B. der erste Hyundai Ioniq). Dies ist in Deutschland aber wegen der dadurch entstehenden Schieflast eigentlich nicht erlaubt.

Einige Elektroautos können zudem auch schon mit kleineren Strömen laden, z.B. können Fahrzeuge des Herstellers Tesla bereits ab 5A den Ladevorgang starten.

Im Gegensatz zu einer manuellen Ladung, in der in der Regel eine fixe Ladegeschwindigkeit eingestellt und über den gesamten Ladevorgang beibehalten wird, kann evcc euer Elektroauto dynamisch im jeweils idealen Bereich laden. Bei einer einphasigen Wallbox wie bei mir schwankt die Ladegeschwindigkeit je nach Überschuss also zwischen 1,4 und 3,7 kW. Bei einem häufigen Wechsel zwischen Sonne und Wolken ändert sich der Überschuss ständig und evcc passt die Ladegeschwindigkeit dann immer an euren Überschuss an. Damit lassen sich je nach den verwendeten Einstellungen Sonnenstromanteile von 90 Prozent und mehr erreichen.



Die richtige Ladegeschwindigkeit für eure PV-Anlage


Der Vorteil des 3-phasigen Ladens ist die hohe Maximalgeschwindigkeit mit der das Elektroauto aufgeladen werden kann. Der Nachteil für das Überschussladen ist, dass der Ladevorgang mindestens 4,1 kW an Energie benötigt. Häufig steht aber ein so großer Überschuss gerade bei kleineren PV-Anlagen unterhalb von 10-15 kWp nicht zur Verfügung bzw. zu selten.

Abhilfe kann hier die manuelle Abschaltung (über die Sicherungen) der Phasen 2 und 3 sein, so dass die Wallbox temporär oder dauerhaft nur noch einphasig angebunden ist. Dann kann das Laden bereits ab einer verfügbaren Energie von 1,4 kW gestartet werden. Die maximale Geschwindigkeit ist dann allerdings auf 3,7 kW begrenzt.

Einige moderne Wallboxen unterstützen die automatische Phasenumschaltung und können die Vorteile aus beiden Optionen nutzen. Der Ladevorgang würde ab 1,4 kW starten und bis zu 11/22 kW (je nach Wallbox und Auto) reichen. Die Phasenumschaltung wird dabei von evcc automatisch durchgeführt, sobald ausreichend Energie zur Verfügung steht.

In der sehr guten Dokumentation von evcc sind alle kompatiblen Wallboxen aufgeführt. Außerdem ist ersichtlich ob eine automatische Phasenumschaltung unterstützt wird. Meiner Erfahrung nach macht dies aber meist erst bei größeren PV-Anlagen Sinn, kleinere PV-Anlagen bis zu einer Leistung von 10 kWp erzeugen häufig nicht genug Überschuss um dreiphasiges Laden über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten.

Besitzt ihr also bereits eine normale Wallbox, wird sich der Wechsel auf eine Wallbox mit automatischer Phasenumschaltung eventuell nicht rechnen.



evcc ist sehr flexibel


Kommen wir nun aber wieder zu evcc. Der große Vorteil gegenüber Fertiglösungen ist, dass sich eine Vielzahl an Geräten in das System einbinden lassen und nicht auf einen Hersteller oder eine Art von Komponenten beschränkt ist. Fertige Lösungen für das intelligente Überschussladen kosten meist ab 1000 Euro aufwärts.

evcc ist kostenlos, quelloffen und in Go programmiert und ist damit sehr ressourcenschonend. Die Software wird auf einem kleinen Computer oder NAS installiert, das ist auch via Docker möglich. Neben Linux werden auch die Betriebssysteme Windows und macOS unterstützt. Der Computer auf dem evcc installiert wird, muss 24/7 verfügbar sein, daher bietet es sich an einen kleinen Computer wie z.B. einen Raspberry Pi zu verwenden oder ein schon bestehendes NAS zu nutzen.

evcc unterstützt bei zu geringer PV-Erzeugungsleistung auch das Laden mit einem zuvor festgelegten Anteil an Netzstrom, der durch den eigenen PV-Strom ergänzt wird um so auf die minimale Ladeleistung zu kommen. So lässt sich das Auto länger und zuverlässiger laden. Die entstandenen Kosten werden dann auf Basis einer Mischkalkulation in der Benutzeroberfläche transparent angezeigt.

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Voraussetzungen und Hardware-Empfehlung


Wie bereits erwähnt ist evcc zu sehr vielen Komponenten kompatibel und kann zusätzlich auch an eigene Geräte angepasst werden. Dies erfordert dann aber schon erweiterte Kenntnisse. Aber keine Angst, die meisten Wallboxen und viele Smartmeter werden bereits von Haus aus unterstützt und können über so genannte Templates ohne große Konfiguration an evcc angebunden werden. Voraussetzung ist immer, dass die Komponente überhaupt mit externen Geräten kommunizieren kann.

Ich empfehle euch zunächst auf der evcc Webseite zu prüfen ob eure Wallbox mit evcc kompatibel ist. Damit evcc einen Überschuss erkennen und regeln kann, ist idealerweise ein Smartmeter erforderlich, welches euren Stromverbrauch bzw. eure Einspeiseleistung misst und meist direkt nach dem Zähler in der Hauptverteilung eures Hauses installiert ist.

Besitzt ihr so ein Smartmeter noch nicht, kann dieses relativ günstig (120 bis 150 Euro plus Einbau) nachgerüstet werden. Ich benutze ein Shelly Pro 3EM * (Eine Anleitung zur Installation findet ihr Hier), welches gerade Anfang 2023 schienen ist und auf die aktuellste 2. Generation von Shelly setzt. Etwas günstiger ist das schon etwas ältere Shelly 3EM *.

Alternativ kann statt dem Smartmeter die aktuelle PV-Leistung auch über euren/eure Wechselrichter abgerufen werden. Da evcc dann allerdings nicht weiß wie viel Energie euer restliches Haus gerade benötigt, ist diese Art der Regelung ungenauer. Ihr könnt in evcc dann einen fixen Verbrauchswert für euer Haus hinterlegen, z.B. 500 Watt. Dieser wird dann für euer Haus reserviert und jede darüber hinausgehende PV-Leistung wird als Überschuss gewertet.

Es können auch Smartmeter und PV-Wechselrichter gemeinsam in evcc eingebunden werden, was die Anzeige für euch noch detaillierter macht, da evcc daraus den Verbrauch eures Hauses errechnen kann. Da dies für mich aber bereits über eine Basiskonfiguration hinausgeht, bleiben wir zunächst bei der einfachen Konfiguration, die nur ein kompatibles Smartmeter und eine Wallbox voraussetzt.

In dieser Anleitung nutzen wir einen Raspberry Pi 4 B * mit 1 GB Arbeitsspeicher, da dieser im Betrieb nur 2-3 Watt an Energie benötigt und dies meiner Meinung nach auch die einfachste Art darstellt evcc im Netzwerk verfügbar zu machen. Es funktionieren aber auch ältere Raspberry Pi Modelle wie der 3B/3B+ problemlos, solltet ihr diesen bereits besitzen. Ich empfehle bei einem Neukauf den Raspberry Pi 4 B *, da ich für eine langlebige Lösung gerne etwas Luft nach oben habe.

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Zusätzlich zum Raspberry Pi 4 B * benötigt ihr das Raspberry Pi USB-C Netzteil *, eine Speicherkarte wie z.B. die SanDisk Ultra 32 GB microSDHC Speicherkarte * sowie ein Gehäuse. Hier kann ich das Raspberry Pi 4 Alu-Gehäuse * empfehlen, welches den Raspberry Pi immer schön kühl hält. Optional gibt es mittlerweile sogar ein Raspberry Pi 4 Gehäuse für DIN-Hutschiene *, so dass ihr auf Wunsch den Raspberry Pi 4 direkt in euren Stromverteiler oder eure Unterverteilung einbauen könnt.

Zum Netzteil gibt es eine Alternative: ich nutze das UGREEN 18W USB-Netzteil * zusammen mit einem 1m USB-C Kabel auf USB Typ A *, da dieses in meinen Augen flexibler ist als das Raspberry Pi USB-C Netzteil * mit fest verbautem Kabel.



Ein Betriebssystem auf dem Raspberry Pi installieren


Damit wir evcc nutzen können, müssen wir zunächst ein Betriebssystem auf dem Raspberry Pi installieren. Hierzu benutzen wir zunächst den Raspberry Pi Imager, welcher für Windows, Linux sowie macOS verfügbar ist. Mit dieser Software wird das Betriebssystem auf die microSD Karte des Raspberry Pi aufgespielt. Ihr benötigt also einen Computer, an den ihr direkt oder auch per USB-Adapter eine microSD Karte anstecken könnt.

Ihr müsst den Rasperry Pi Imager nur starten, das gewünschte Betriebssystem und eure microSD Karte auswählen. Die benötigten Daten werden dann automatisch heruntergeladen und auf die microSD Karte kopiert. Ich nutze das Raspberry Pi OS (64 bit). Auf älteren Geräten kann ggf. nur die 32 bit Version des Betriebssystems installiert werden. Das spielt aber keine Rolle, auch die 32 bit Version würde funktionieren.

evcc Anleitung für intelligentes PV Überschussladen mit vielen Wallboxen

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Nachdem das Betriebssystem auf die microSD Karte installiert wurde, kann diese aus dem Computer entfernt und in den Raspberry Pi eingesteckt werden. Anschließend müsst ihr einen Monitor (HDMI), sowie eine USB-Maus und Tastatur an den Raspberry Pi anschließen und diesen dann starten. Ihr werdet durch einen kurzen grafischen Einrichtungsassistenten geführt um einen Benutzer anzulegen und die Sprache einzustellen.



Wichtig: falls möglich empfehle ich, dass ihr euren Raspberry Pi per Kabel in euer Netzwerk einbindet, da dies stabiler ist als per W-Lan. Die W-Lan Funktionalität des Raspberry Pi habe ich daher bei mir deaktiviert. evcc muss per Kommandozeile installiert werden. Dies könnt ihr direkt über den Raspberry Pi machen oder per SSH von einem anderen Computer aus. Möchtet ihr den Weg über SSH nutzen, muss SSH in der Raspberry Pi Konfiguration (über das Menü) noch aktiviert werden. Ihr findet den SSH-Dienst im Reiter Schnittstellen.

Ich nutze bei mir den Bitvise SSH-Client um den Raspberry Pi direkt von meinem Windows Computer aus zu konfigurieren. Das hat den Vorteil, dass ich später jederzeit aus der Ferne auf den Raspberry Pi zugreifen kann, ohne jedesmal einen Monitor an den Raspberry Pi anschließen zu müssen.

Eurem Raspberry Pi solltet ihr in eurem Router (z.B. Fritzbox) eine feste bzw. immer die gleiche IP-Adresse zuweisen, damit ihr von anderen Computern aus zuverlässig auf evcc zugreifen könnt.



Die Installation von evcc auf dem Raspberry Pi


evcc benötigt beim Start zwingend eine Netzwerkverbindung. Um Problemen beim Boot möglichst aus dem Wege zu gehen, solltet ihr euren Raspberry Pi so konfigurieren, dass er beim Booten auf eine Netzwerkverbindung wartet. Dazu aktivieren wir die Funktion "Network at Boot" in der Raspberry Pi Konfiguration. Die Funktion versteckt sich unter "System Options" und dann "Network at Boot".

sudo raspi-config


Kommen wir nun zur eigentlichen Installation von evcc auf dem Raspberry Pi. Diese wird in der Dokumentation von evcc ausführlich und Schritt für Schritt beschrieben. Ihr könnt die Code-Schnipsel direkt in die Kommandozeile eingeben. Solltet ihr SSH nutzen geht das auch per Kopieren und Einfügen.

Zunächst müssen wir fehlende Softwarepakete installieren:
sudo apt install -y debian-keyring debian-archive-keyring apt-transport-https curl


Danach nehmen wir das evcc Repository in unseren Paketmanager (APT) auf. Das wird benötigt um die Software herunterzuladen und später auf Wunsch aktuell zu halten:
curl -1sLf \
  'https://dl.cloudsmith.io/public/evcc/stable/setup.deb.sh' \
  | sudo -E bash


Nun können wir die Softwarelisten auf dem Raspberry Pi aktualisieren. Diese enthalten nun auch alle Informationen zu evcc:
sudo apt update


Anschließend wird evcc mit diesem Befehl installiert:
sudo apt install -y evcc


Jetzt vergewissern wir uns, das die Installation erfolgreich war und wir auf die Weboberfläche des Raspberry Pi zugreifen können. Dazu starten wir evcc:
sudo systemctl start evcc


.. und öffnen in unserem Browser (geht auch direkt auf dem Raspberry Pi) die folgende URL. Achtung: hier müsst ihr localhost durch die Netzwerk IP-Adresse eures Raspberry Pi ersetzen ! Hat die Installation geklappt, solltet ihr evcc im Demo-Modus sehen.
http://localhost:7070


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Jetzt stoppen wir evcc erstmal wieder:
sudo systemctl stop evcc


Die Konfiguration von evcc ist meiner Meinung nach der einzige Nachteil an der evcc-Lösung, soweit man bei einer kostenlos verfügbaren Software überhaupt von einem Nachteil sprechen kann. Die Konfiguration erfolgt nicht grafisch, sondern per Assistent im Kommandozeilen Modus oder ihr bearbeitet direkt die evcc-Konfigurationsdatei evcc.yaml, welche im /etc Verzeichnis des Raspberry Pi liegt.

Der Einrichtungsassistent wird gestartet über:
evcc configure


evcc Anleitung für intelligentes PV Überschussladen mit vielen Wallboxen
Ich bin kein Fan des Assistenten, daher zeige ich euch hier einmal eine Basis-Konfigurationsdatei. Ihr müsst hier das Smartmeter (grid) sowie die Wallbox (chargers) an eure Komponenten anpassen. Es handelt sich bei dieser Datei wie gesagt um eine Minimalkonfiguration, später sind viel mehr Optionen möglich.

network:
  schema: http
  host: evcc.local
  port: 7070
  
tariffs:
  currency: EUR
  grid:
    type: fixed
    price: 0.4

log: info
levels:
  cache: error

interval: 10s # control cycle interval

meters:
- name: grid
  type: template
  template: shelly-pro-3em
  usage: grid
  host: 192.168.1.78
 
chargers:
- type: template
  template: keba 
  host: 192.168.1.24  
  name: wallbox

loadpoints:
- title: Wallbox
  charger: wallbox
  mode: pv
  phases: 1
  mincurrent: 6
  maxcurrent: 16
  resetOnDisconnect: true
  enable:
    threshold: -1000 # evcc startet das Laden, wenn 2 Minuten lang mindestens 1000 W Einspeiseleistung (Überschuss) vorhanden sind
    delay: 2m
  disable:
    threshold: 450 # evcc beendet das Laden, wenn 15 Minuten lang mehr als 450 W Netzstrom bezogen wurde
    delay: 15m # Ausschalteverzögerung, Laufzeit dabei mindestens 15 Minuten

site:
  title: Haus
  meters:
    grid: grid


Erklärung zur Konfiguration: Ich habe bei mir einen Strompreis von 0.4 Euro pro kWh festgelegt. Diese Information ist für den Betrieb unwichtig und dient nur dazu, das evcc in der Statistik eure Ersparnis gegenüber dem reinen Netzbezug berechnen kann. Meine Wallbox nutze ich zum Überschuss-Laden einphasig, da meine PV-Anlage nicht genügend Überschuss für schnelleres Laden erzeugt.

Ich habe bei mir als Einschaltgrenze 1000 Watt festgelegt. Da die Mindestgeschwindigkeit bei einphasigen Laden bei 1,4 kW (=1400 Watt) liegt, wird am Anfang also mit einem kleinen Netzbezug von 400 Watt gestartet. Das mache ich um ein längeres Ladefenster zu erhalten.

Gestoppt wird das Laden, wenn 15 Minuten lang mehr als 450 Watt aus dem Netz des Stromanbieters bezogen werden müssen. Diese Werte könnt ihr natürlich nach euren Bedürfnissen frei anpassen.

Ihr könnt die Datei per Bitvise SSH-Client über "New SFTP window" in euer Heimverzeichnis kopieren und dann mit dem nachfolgenden Befehl in das richtige Verzeichnis verschieben:
sudo mv evcc.yaml /etc


Anschließend könnt ihr die Konfiguration prüfen (Beenden der Prüfung mit Strg+C):
evcc -c evcc.yaml


Funktioniert alles, könnt ihr evcc nun endgültig starten:
sudo systemctl start evcc


evcc läuft als Systemdienst und startet sich automatisch bei einem System-Neustart. Möchtet ihr später auf eine neue Version von evcc aktualisieren geht das mit:
sudo apt update


gefolgt von
sudo apt --only-upgrade install -y evcc




Die Benutzeroberfläche


Den Entwicklern von evcc ist eine einfache und moderne Benutzeroberfläche wichtig. Das sieht man und das Ergebnis kann sich definitiv sehen lassen. Die responsive Benutzeroberfläche ist selbsterklärend und zeigt nur die Daten an, die auch wirklich benötigt werden.

evcc Anleitung für intelligentes PV Überschussladen mit vielen Wallboxen
Gesteuert wird in der Benutzeroberfläche vorrangig der Lademodus. Den Standardlademodus kann man in der Konfigurationsdatei festlegen (ich verwende PV):

  • Aus - Es findet keine Ladung statt

  • PV - Nur mit Überschuss laden

  • Min+PV - Mindestladung von 1,4 kW (einpasig) bzw. 4,1 kW (dreiphasig)

  • Schnell - Schnellstmögliche Ladung des Autos unabhängig des aktuellen Überschusses





Einbindung eures Elektroautos (auch mehrere)


Auf Wunsch kann evcc bei vielen Elektroautos Daten auslesen. Dazu gehören je nach Auto z.B. der aktuelle Ladestand, die Reichweite usw. Diese Informationen können dann genutzt werden um bestimmt Szenarien zu definieren, z.B. das das Auto unabhängig vom Überschuss auf einen gewissen Ladestand aufgeladen wird (z.B. 40 Prozent). Welche Fahrzeuge von evcc unterstützt werden, steht in der Fahrzeug-Dokumentation.



evcc außerhalb des Netzwerkes verfügbar machen


Im Standard ist evcc nur über die lokale IP-Adresse eures Raspberry Pi aufrufbar. Da evcc über keine Benutzerauthentifizierung verfügt, ist das auch aus Sicherheitsgründen sinnvoll. Möchtet ihr dennoch auch von unterwegs auf evcc zugreifen, benötigt ihr folgendes:

  • In eurem Router eine Portfreigabe (Standard 7070) mit Weiterleitung auf den Raspberry Pi

  • Eine Dynamische DNS die auf eure jeweils aktuelle Internet IP-Adresse weiterleitet


DynDNS Dienste gibt es viele, allerdings kosten die meisten aktuell eine monatliche Gebühr von 1-2 Euro. Dafür erhaltet ihr eine eigene Domain wie z.B. "evcc.dyndns.com", die dann immer auf eure aktuelle Internet IP-Adresse weiterleitet.

Besitzt ihr einen Webserver, könnt ihr euch ein eigenes PHP-Script installieren, welches auf eure Internet IP-Adresse weiterleitet und von eurem Router regelmäßig aktualisiert wird. Das geht z.B. mit der Fritzbox sehr einfach.

Die Portfreigabe findet ihr in der Fritzbox unter Internet und dann Freigaben:

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Möchtet ihr ein eigenes PHP-Script nutzen, welches auf eurem Webserver gehostet wird, könnte dies so aussehen:
<?php
$meinpw = '12345'; // Euer Passwort
$port = ':7070'; // Gewünschter Port auf dem weitergeleitet werden soll. Bei evcc im Standard ':7070'

$ip = $_GET["ip"];
$dyntxt = "dyn.txt";
$passwortviaurl = $_GET["pass"];

// Die Datei dyn.txt muss auf dem Server existieren
if(file_exists($dyntxt)){
    // Wenn ein Passwort übergeben wird und dieses übereinstimmt, wird die IP-Adresse aktualisiert, ansonsten wird zur aktuell gespeicherten IP-Adresse weitergeleitet
    if($passwortviaurl == $meinpw) {
        $datei = fopen("$dyntxt", "w");
        fwrite($datei, $ip);
        fclose($datei);
        echo 'IP-Adresse erfolgreich aktualisiert.';
        exit;
    } else {
        if(filesize($dyntxt) > 0){
            $datei = fopen("$dyntxt", "r+");
            $dynip = fread($datei,filesize($dyntxt));
            fclose($datei);

            header('Location: http://'.$dynip.$port);
        } else {
            echo 'Keine IP-Adresse bekannt.';
        }
    }
}

?>


Das Script speichert ihr dann z.b. unter dem Namen dyn.php in einem Verzeichnis (z.B. evcc) auf eurem Webserver. Ihr müsst außerdem eine leere Textdatei mit dem Namen dyn.txt im selben Verzeichnis anlegen. In dieser Datei steht eure jeweils aktuelle Internet IP-Adresse. Die Fritzbox müssen wir nun noch so konfigurieren, dass diese die IP-Adresse immer aktuell hält:

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Wichtig ist hier die Update-URL. Diese ruft die Fritzbox automatisch auf. Die Variable pass enthält euer Passwort, welches ihr in das Feld Kennwort eingeben müsst und welches identisch zu dem Passwort in der dyn.php Datei sein muss. Die Variable ipaddr wird automatisch von der Fritzbox durch eure Internet IP-Adresse ersetzt.

Es kann zunächst etwas dauern, bis die Fritzbox zum ersten Mal eure IP-Adresse aktualisiert. Ihr könnt die Update-URL aber auch selbst manuell in eurem Browser aufrufen, ihr müsst dazu eure aktuelle Internet IP-Adresse (steht in der Fritzbox) kennen und die beiden Variablen der Update-URL mit Passwort und IP-Adresse (ohne Klammern) ersetzen. Eure evcc Instanz sollte nun über www.domain.de/evcc/dyn.php erreichbar sein. Die Domain müsst ihr durch eure Domain ersetzen.



evcc als App auf dem Home-Screen eures Smartphones


Eigentlich ist evcc nicht nativ als App verfügbar. Sowohl Android als auch iOS können aber jede beliebige moderne Webseite als App auf dem Home-Screen anzeigen. Die Bedienung erfolgt dann nicht über die Browser Chrome oder Safari sondern über eine eigene Instanz des Browsers, die als App fungiert. Dazu ruft ihr in eurem Browser auf dem Smartphone evcc auf (bitte beachtet, dass ihr die App nur außerhalb eures Netzwerkes nutzen könnt, wenn ihr wie oben beschrieben den Zugriff aus dem Internet ermöglicht).

Im Fall von Safari (iOS bzw. iPhone oder iPad) wählt ihr teilen (Icon) und dann zum Home-Bildschirm aus. Ihr könnt dann evcc wie eine App nutzen. Diese erscheint auch nicht in den offenen Browser-Reitern, sondern läuft als unabhängige Instanz.

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Solltet ihr den Zugriff aus dem Internet heraus erlauben und dazu keine DynDNS Domain sondern ein PHP-Script zur Weiterleitung benutzen, habt ihr das Problem, dass der Smartphone Browser auf eine IP-Adresse (eure Internet IP) weitergeleitet wurde. Setzt ihr nun einen Bookmark oder fügt die Webseite als App zum Home-Screen hinzu, merkt sich das Gerät leider nicht die Ausgangs-URL sondern nur die Seite (eure aktuelle Internet IP-Adresse) zu der weitergeleitet wurde.

Das ist mit einem Trick zu beheben: hierzu erstellt man eine index.html Datei im selben Verzeichnis in dem auch das dyn.php Script liegt. Die index.html fungiert nur als Container und leitet nicht die komplette Browserseite zur Internet IP-Adresse um, sondern nur ein iframe, welches sich in der HTML-Seite befindet. Dadurch ändert sich die URL-Adresse nicht mehr. Ihr ruft evcc dann z.b. über http://www.domain.de/evcc auf.

<!doctype html>
<html lang="de">
<head>
<title>evcc</title>
<meta charset="utf-8">

<meta name="viewport" content="width=device-width, initial-scale=1" />
<meta name="description" content="evcc - Sonne tanken" />
<meta name="apple-mobile-web-app-capable" content="yes" />
<meta name="apple-mobile-web-app-title" content="evcc" />
<meta name="application-name" content="evcc" />

<link rel="apple-touch-icon" sizes="180x180" href="apple-touch-icon.png" />
<link rel="icon" type="image/png" sizes="32x32" href="favicon-32x32.png" />
<link rel="icon" type="image/png" sizes="16x16" href="favicon-16x16.png" />
<link rel="mask-icon" href="safari-pinned-tab.svg" color="#1C2445" />
<link rel="shortcut icon" href="favicon.ico" />
<meta name="msapplication-TileColor" content="#1C2445" />
<meta name="theme-color" content="#f3f3f7" />

<style>
    html, body {
        padding: 0 0 0 0;
        margin: 0 0 0 0;
        width: 100%;
        height: 100%;
        color: #000000;
    }
</style>
</head>
<body>
    <iframe align="center" width="100%" height="100%" src="dyn.php" frameborder="yes" scrolling="yes" name="evcc" id="evcc"></iframe>
</body>
    
</html>


Um das Ganze noch etwas schöner zu machen, könnt ihr die evcc Icons in die Webseite (index.html) einbinden. Dazu müssen die Dateien einfach nur ins gleiche Verzeichnis wie die restlichen Dateien kopiert werden. Die Datei könnt ihr entweder aus der lokalen evcc Webseite kopieren, alternativ habe ich die Dateien für euch in eine ZIP-Datei zum Download gepackt.



Erweitere Konfiguration mit Erzeugungsmessung


evcc kann über die Basiskonfiguration (Smartmeter am Netzanschluss plus Wallbox) hinaus noch weitere Komponenten einbinden um noch mehr Informationen bereitzustellen. Z.B. kennt evcc nach Einbindung der PV-Wechselrichter die komplette Erzeugungsleistung und kann daraus den Verbrauch des Hauses berechnen. Grafisch lässt sich dann die Verteilung der erzeugten PV-Energie noch besser nachvollziehen.

Bindet man zudem noch sein Elektroauto über die API des Herstellers an, kennt evcc den aktuellen Ladestand des Autos, denn dieser wird in der Regel nicht über den Typ2-Stecker mit der Wallbox ausgetauscht. Über den API-Abruf dieser Daten erkennt evcc automatisch das angeschlossene Fahrzeug und kann nach bestimmten Ladeplänen das Auto wie gewünscht aufladen.

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evcc Messdaten langfristig speichern und auswerten


Möchtet ihr die von evcc angezeigten Messdaten langfristig abspeichern und auswerten, ist eine weitere Software nötig. Wir zeigen euch in einer weiteren Anleitung, wie wir dies anhand einer InfluxDB und der Visualisierungssoftware Grafana realisieren.

evcc Anleitung für intelligentes PV Überschussladen mit vielen Wallboxen

Fazit


Ich nutze evcc erst ein paar Tage, bin bisher aber begeistert. evcc läuft auch mit vielen bereits installierten Komponenten, so dass die Anschaffungskosten dieser intelligenten Ladelösung weit unter alternativen Angeboten liegen, die meist im Bereich ab 1000 Euro liegen. Die Benutzeroberfläche von evcc ist schön schlicht gehalten und sieht modern aus.

Die Möglichkeit den Anteil an eigenem PV-Strom auszuwählen und auch mit Mischbezug zu arbeiten macht evcc nochmals flexibler. Und auch die Angst sich eine Bastellösung ins Haus zu holen kann ich entkräften: sobald die Lösung einmal funktioniert, müsst ihr diese nicht aktualisieren. D.h. an dem Zustand wird sich so schnell nichts ändern. Für technikbegeisterte Anwender dürften sich regelmäßige Updates von evcc allerdings lohnen, denn die Entwickler ergänzen die Software Stück für Stück um weitere Funktionen.

Wenn ihr von evcc begeistert seit, überlegt euch bitte das Projekt mit einem kleinen Betrag (ab 2 Euro pro Monat, jederzeit kündbar) zu unterstützen und die Entwicklung so weiterhin zu fördern. Dafür erhaltet ihr im Gegenzug ein Sponsortoken, den ihr in die Konfigurationsdatei von evcc eintragen könnt. Dadurch erhaltet ihr zudem Zugang zu noch mehr unterstützten Geräten und Schnittstellen.

Ihr habt aktuell noch keine PV-Anlage, interessiert euch aber für das Thema ? Dann schaut euch doch mal eine der folgenden Anleitungen von uns an:


Bei Links, die mit einem * gekennzeichnet sind, handelt es sich um Affiliate-Links, bei denen wir bei einem Kauf eine Vergütung durch den Anbieter erhalten.
VG-Wort

Kommentare (10)

Kommentar
Steffen
Geschrieben am01.04.2024
Aus Sicherheitsgründen würde ich keinen Zugang ins Heimnetz erlauben. Nutzt doch einfach das auf der FRITZ!Box * eh zur Verfügung stehende Wireguard. Ist sehr einfach einzurichten und ... sicher!
Kommentar
Stefan (Team)
Geschrieben am05.03.2024
@Marc: die Fehlermeldung sagt, dass in der Konfiguration der Ladepunkt (Wallbox) nicht korrekt konfiguriert ist. Wenn Du dort keinen Fehler findest, würde ich den Part nochmal komplett neu eingeben. Manchmal ist dort ein unbekanntes Zeichen oder sowas drin. Die Konfiguration kann manchmal etwas anstregend sein. Wenn es dann aber läuft, ist es sehr stabil.
Kommentar
Marc
Geschrieben am03.03.2024
Guten Morgen, habe die Installation auf einem Raspberry gemacht. Die Demo lief, nach der Installation der Geräte kam ein Fehler: Nun habe ich mehrfach neu installiert und bekomme immer den gleichen Fehler: FEHLER BEIM STARTEN
failed configuring loadpoints
missing loadpoints
Was mache ich falsch?
Vielen Dank vorab und beste Grüße
Marc
Kommentar
Dennis (Team)
Geschrieben am23.10.2023
@Marcus
Ich rate dir den Assistenten durchlaufe zu lasen und die damit erstellte Datei dann manuell zu bearbeiten.

LG
Dennis
Kommentar
Marcus
Geschrieben am17.10.2023
Hi,

jedesmal wenn ich den Einrichtungsassistenten starte und das Fahrzeug aus der liste auswähle samt login & passwort bekomme ich eine Fehlermeldung, dass login oder passwort falsch sind. Das stimmt aber nicht. wo mache ich da einen Fehler?

Gruß Marcus
Kommentar
Bastian
Geschrieben am17.08.2023
Hat zufällig jemand evcc.io schon in Unraid zum laufen gebracht?
Ich habe den Docker am laufen und die Demo View klappt.
Habe aber Probleme mit dem korrekten Einbinden der evcc.yaml

Vielleicht hat jemand Lösungen
Kommentar
Stefan (Team)
Geschrieben am29.07.2023
Kannst Du bitte mal die vollständige Fehlermeldung posten ? So kann ich damit nichts anfangen.
Kommentar
Thomas
Geschrieben am28.07.2023
Hallo und erstmal mein Kompliment zu der hervorragenden Anleitung! Leider erhalte ich bei dem Schritt "evcc Repository in unseren Paketmanager (APT)" immer eine Fehlermeldung "Failed to update via apt-get updaten...nErr:5 ...und was von Payment RequirednnKannst du mir sagen, woran das liegt? Bin Schritt für Schritt der Anleitung gefolgt.nnBesten Dank und viele GrüßenThomas
Kommentar
Stefan (Team)
Geschrieben am13.06.2023
Hi Bernhard,
sowas bieten wir aktuell nicht an und ich kann das aus Zeitgründen auch gar nicht leisten. Mein Rat: wende dich bei Github an die evcc Experten, meistens wird einem dort schnell geholfen !
Kommentar
Bernhard
Geschrieben am11.06.2023
Hallo Stefan, ich beschäftige mich derzeit mit der EVCC.io um bei mir Zuhause PV Überschussladen zu ermöglich. Leider klappt es bei mir nicht dass ich das System korrekt einrichte. Frage: Kannst du mich dabei unterstützen, die Möglichkeit via Teams oder so würde bestehen. Ich habe eine PV Anlage von Enphase und eine Wallbox von DaheimLaden. Bei Enphase habe ich einen Token generiert aber irgendwie scheint dieser nicht zu funktionieren. Selbstverständlich wäre ich auch bereit ein gwisses Honorar zu begleichen für die Hilfe bzw. Unterstützung.Vielen Dank jetzt schon, Gruß Bernhard

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